Inkongruente Kommunikation

Veröffentlicht am 22. März 2025 um 20:04

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

der Bereich für Missverständnisse innerhalb der Kommunikation ist groß – sehr groß! Das Dilemma ist: Niemand kann sich der Kommunikation entziehen!
„Man kann nicht nicht kommunizieren!“, erkannte bereits der Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick.
Dabei entstehen Missverständnisse häufig nicht nur im Austausch einer Nachricht zwischen Sender*in und Empfänger*in, sondern können sich ebenfalls einseitig finden lassen. Denn beim Aussenden von Nachrichten kommunizieren wir immer auf zwei Ebenen: der Mitteilungsebene, die ausdrückt, was wir sagen, und der Metaebene, die zum Ausdruck bringt, wie wir etwas sagen.
Damit erhalten die gesendeten Nachrichten unterschiedliche Bedeutungen. So kann eine passende nonverbale „Haltung“ die verbal zum Ausdruck gebrachte Nachricht unterstützen – beispielsweise durch ein zustimmendes Nicken beim verbalen Ausspruch einer Zusage. In diesem Fall liegt eine kongruente Nachricht vor: Das Gesagte stimmt mit der Körpersprache überein.

Missverständnisse können im Umkehrschluss dann entstehen, wenn das Gesagte nicht mit der Körpersprache übereinstimmt, also inkongruent ist. Doch was möchte der*die Sender*in mit einer solchen irritierenden Botschaft erreichen?
Zunächst muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass eine inkongruent gesendete Nachricht den Vorteil der Offenheit in sich trägt. Das bedeutet, der*die Sender*in muss sich nicht auf den Inhalt festlegen und kann, bei nicht beabsichtigter oder unvorhersehbarer Reaktion auf die inkongruent gesendete Nachricht des*der Empfänger*in, die gesendete Nachricht wieder revidieren.
Dies kann unbewusst geschehen und findet seine Ursache dann in der ursprünglichen Absicht der Aussage. Der*die Sender*in ist sich also nicht gänzlich bewusst, was er*sie eigentlich möchte.
Er*sie steht sich hier unbewusst selbst im Weg!
So können sich einzelne Bedürfnisse des*der Sender*in überschneiden und miteinander konkurrieren. Beispielsweise könnten das Bedürfnis nach Sicherheit (Arbeitsplatz) und das Bedürfnis nach Pünktlichkeit (Feierabend) miteinander konkurrieren.

Ein Beispiel: Sie beraten bereits viele Kund*innen hintereinander, obwohl Sie bereits seit 15 Minuten Feierabend haben. Auf dem Weg zum Kopierer, um gedruckte Unterlagen zu holen, gehen Sie an einer Gruppe von Kolleg*innen vorbei, die sich angeregt über die geplanten Aktivitäten ihres bevorstehenden Wochenendes unterhalten und dabei laut lachen. Auch der*die Chefin kommt Ihnen hierbei entgegen und fragt Sie argwöhnisch, ob alles in Ordnung ist. Darauf antworten Sie möglicherweise leicht gereizt und mit einem Hauch von Ironie: „Ja, ja, es ist (wie immer?) alles in Ordnung!“, obwohl Ihre Mimik und Ihr Tonfall etwas ganz anderes ausdrücken!

Damit stürzen Sie den*die Chef*in jedoch in ein Dilemma!
Denn wenn Ihnen die vorliegenden Bedürfnisse nach beispielsweise pünktlichem Feierabend und Arbeitsplatzsicherheit nicht bewusst sind und Sie „nur“ die körperlichen Auswirkungen Ihrer Emotionen erfahren, geben Sie dem*der Chef*in keine Möglichkeit, adäquat zu reagieren.

Eine Lösung wäre hier das Ansprechen der empfangenen Signale.
Beispielsweise könnte der*die Chef*in darauf eingehen, dass er*sie das Gefühl hat, dass eben nicht alles in Ordnung ist. Damit wird durch Selbstreflexion der Weg für die Sichtweise auf die miteinander in Konkurrenz stehenden Bedürfnisse geebnet.

Wenn wir uns also selbst im Weg stehen, ist es gut, Menschen um sich zu haben, die uns kennen und daran interessiert sind, wie es uns geht.

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