
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Kennt Sie das: Der*die Chef*in fragt Sie, ob Sie eine Checkliste bereits fertiggestellt haben. Daraufhin verneinen Sie die Frage, und schon geht diese*r vor Ärger in die Luft?
In diesem Artikel stelle ich Ihnen das Kommunikationsquadrat von Friedemann Schulz von Thun vor, um eine mögliche Ursache für die Reaktion des*der Chef*in zu finden.
Kommunikation besteht zunächst aus einem*einer Sender*in, welche*r eine Nachricht verschlüsselt und sie auf einem bestimmten Kanal an den*die Empfänger*in sendet, welche*r die Nachricht auf demselben Kanal wieder entschlüsselt. So weit, so gut. Das Kommunikationsquadrat geht jedoch noch weiter! Es besagt, dass eine Nachricht sowohl auf vier verschiedenen Ebenen gesendet als auch empfangen werden kann. Diese vier Seiten einer Nachricht sind: die Sachebene, die Beziehungsebene, die Appellebene und die Selbstoffenbarungsebene.
Auf der Sachebene wird eine reine Information (der Sachverhalt) gesendet: „Nein, das Protokoll ist noch nicht fertig.“
Auf der Beziehungsebene wird, auch mittels nonverbaler Kommunikation wie Mimik, Stimmlage und Gestik, die Beziehung zwischen den Kommunizierenden deutlich. So kann eine Botschaft in unserem Beispiel eine Erwartung sein: „Ist das Protokoll immer noch nicht fertig? Das wird jetzt aber Zeit!“ Auf dieser Ebene liegt die größte Störanfälligkeit innerhalb von Kommunikationen.
Auf der Appellebene appelliert der*die Sender*in an den*die Empfänger*in eine bestimmte Handlung zu tätigen und versucht so, auf uns Einfluss zu nehmen. Kommunikation hat hierbei immer ein Ziel; ansonsten bräuchten wir ja einfach gar nichts zu sagen! Dies kann offen (Wahlfreiheit in der Entscheidung, wie: „Ich benötige das Protokoll heute noch. Schaffen Sie es, dies heute noch fertigzustellen?“) oder verdeckt (versteckte Botschaft/Aufforderung, wie: „Ich brauche das Protokoll heute noch. Wie lange brauchen Sie denn noch dafür?“) ablaufen.
Die letzte Ebene ist die der Selbstoffenbarung. Hier verrät der*die Sender*in gewollte und ungewollte Informationen wie Werte, Haltungen, Einstellungen usw. über sich. In unserem Beispiel erfahren wir beispielsweise etwas über die Hierarchie der Beziehung, dass der*die Sender*in Deutsch spricht, unter Zeitdruck steht und aufmerksam ist, denn er*sie hat festgestellt, dass das Protokoll noch nicht fertig ist. Wir erfahren zudem, dass es dem*der Sender*in wichtig ist, den Bericht zeitnah zu erhalten.
Und genauso, wie eine Nachricht gesendet werden kann, kann sie auch empfangen werden. Es gibt Menschen, die besser auf dem Ohr der Sache hören, und wieder andere, welche auf dem Ohr der Selbstoffenbarung empfangen. Hier haben sich über die Jahre „Empfangsgewohnheiten“ eingespielt, welche dazu führen, dass Dinge „gehört“ werden, die gar nicht gesendet wurden. Es ist somit keineswegs garantiert, dass Botschaften so bei dem*der Empfänger*in ankommen, wie wir sie gesendet verstanden haben wollen.
Damit enthält eine gesendete Nachricht viele Botschaften und wird auf allen vier Seiten des Kommunikationsquadrates empfangen. Aufgrund dieser immer unterschiedlichen Botschaften einer Nachricht, sowohl bei gesendeten als auch bei empfangenen Nachrichten, gilt: Die Verantwortung einer gesendeten Nachricht liegt beim Sender, und eine empfangene Nachricht liegt in der Verantwortung des Empfängers. Somit können wir niemanden außer uns selbst dafür verantwortlich machen, was wir senden oder empfangen.
Ein Weg, um sicherzustellen, dass die Nachricht so angekommen ist, wie wir sie gesendet haben, und um Missverständnisse zu verhindern, ist Feedback (eine Rückmeldung).